Anlässlich der all2gethernow 2010 wurde das Modell einer Verwertungsgesellschaft für Musik unter Creative Commons Lizenzen vorgestellt – eine CC-VG, Arbeitstitel C3S. Initiiert wurde die C3S von Michael Weller (Europäische EDV-Akademie des Rechts / EEAR), Meik Michalke (Open Music Contest e.V.), mir und weiteren Kollegen aus dem Umfeld der Creative-Commons-Supporter. Die Wurzeln, Beweggründe und Ideen hinter dem Projekt sind vielfältiger, als bereits dieses gemeinsame Engagement zeigt.

Die Ernsthaftigkeit des Ansatzes und vor allem die realitätsnahe Möglichkeit der Umsetzung zeigt nach ersten Andeutungen anlässlich der SIGINT2010 und in verschiedenen Interviews und Gesprächen die Präsentation des Konzepts im Rahmen der all2gethernow 2010. Im nächsten Jahr erfolgt der Schritt in die breite Öffentlichkeit. Interesse und Resonanz von unterschiedlichen (teils unerwarteten) Seiten belegen die Notwendigkeit unseres Schritts.

Warum eine Verwertungsgesellschaft für (Musik-)Inhalte unter Creative-Commons-Lizenzen?

Deutschland hat bereits eine Verwertungsgesellschaft für Musik, andere Länder in der Regel meist mehr. Dieses Quasi-Monopol ist vordergründig recht bequem für Lizenznehmer, braucht man sich doch nur an einen Gesprächspartner zu wenden, die GEMA. Warum also eine weitere?

Bei der Verwendung von Creative-Commons-Lizenzen stellt sich die Frage, ob der Künstler eine kommerzielle Verwertung überhaupt wünscht oder nicht. Gerade im teils ideologisch geprägten CC-Umfeld sind Motivation, Ziel und Erfolg unterschiedlich und oft kontrovers diskutiert. Warum dann eine Verwertungsgesellschaft für Creative Commons?

Neben Creative Commons existiert die Art Libre als weitere freie Lizenz; zudem nutzen die weitaus meisten Kreativen in Deutschland und weltweit – schließt man Freizeitmusiker ein – weder freie Lizenzen, noch sind sie Mitglieder einer Verwertungsgesellschaft. Warum sollte man dann eine Verwertungsgesellschaft ausschließlich für das Segment der unter Creative Commons lizenzierten Werke benötigen?

Kultur, Ökonomie und Recht

Jeder der Initiatoren der C3S bringt eine unterschiedliche Schwerpunktsetzung ein. Es ist jedoch die Gesamtheit der drei Aspekte Kultur, Ökonomie und Recht, die uns motiviert und den Nutzen einer Verwertungsgesellschaft für unter Creative Commons lizenzierte Musikwerke unterstreicht.

So ist es die in der deutschen Rechtsprechung bislang bestätigte GEMA-Vermutung, die trotz der Komplexität des Tarifkatalogs die GEMA-Großkunden Radio und TV meist auf das GEMA-Repertoire zurückgreifen lässt. Denn jede öffentliche Aufführung muss der GEMA gemeldet werden, und somit ist die Infrastruktur des Lizenzmanagements darauf zugeschnitten. Eine Vielzahl an Lizenzanbietern als Partner kann im Gegensatz zu einem einzelnen Partner nur mit erhöhten Kosten abgebildet werden. Selbst Lokale, die ausschließlich CC-Musik spielen, zahlen bevorzugt die GEMA-Pauschale, um dem hohen Verwaltungsaufkommen einer kostenlosen, aber detaillierten Meldung zu entgehen. Fazit: Die Distribution und das Marketing für CC-Inhalte ist verschwindend gering. Die GEMA-Vermutung entpuppt sich als höchst effektive Markteintrittsbarriere, die juristisch zwar nicht gesetzlich verankert, aber in der Rechtsprechung bestätigt ist.

Im anderen Extrem setzen sowohl ideologische Verfechter der Open-Source-Community als auch die Vertreter des „alten“ Musik/Content-Business die Creative-Commons-Lizenzen mit einer grundsätzlich kostenlosen Verwendung gleich. Dies ist falsch. „Free Culture“ steht für eine unabhängige Kultur, die im Sinne des Künstlers verbreitet wird – ob kostenfrei, kostenpflichtig oder gar beides parallel. „Free Culture“ steht nicht für eine „Kostenlos-Mentalität“. Künstler, die ihr Einkommen mit ihrer Musik bestreiten möchten, müssen sich häufig rechtfertigen und gegen eine Stigmatisierung angehen. Völlig zu Unrecht, denn weshalb nutzt eine Vielzahl von Urhebern, unter die Non-Commercial-(NC-)Varianten? Im Fokus stehen die legale und in der Tat kostenlose Distribution und Verwendung im privaten Kontext, sowie die davon zu trennende, je nach Wunsch des Urhebers kostenlose oder kostenpflichtige kommerzielle Verwendung der Inhalte. Aufgrund der zugegeben unscharfen Formulierung des „NC“-Begriffs ist der Künstler hier gezwungen, einzelne Verhandlungen und Einschränkungen mit Lizenznehmern zu führen und zu vereinbaren – doch genau dies ist der Vorteil der CC-NC-Lizenz. Die Freiheit, die Lizenz im Detail in eigener Verantwortung anpassen zu können.

Die Wahrnehmung der Verwertung darf nicht eine ausschließliche Bindung an das jeweilige System bedeuten. Für Freizeitmusiker heißt das: Erweisen sich einige oder nur ein einziger der selbstverfassten Songs als erfolgreich, ist die Übertragung der Wahrnehmung auf eine größere Entität sinnvoll, d. h. auf eine Verwertungsgesellschaft. Dass hierbei auf vorformulierte, an die jeweilige Rechtsprechung des Landes angepasste, juristisch geprüfte und international verwendbare Lizenzen zurückgegriffen werden kann, ist ein entscheidender Vorteil. Größtmögliche Sicherheit bei gleichzeitiger Freiheit im Umgang und höchster Praktikabilität ist notwendig. Unter dieser Voraussetzung kann auch „Breitenkreativität“ in Nischen finanziell anerkannt und Kultur gefördert werden.

Kernziele

Im Umkehrschluss ergeben sich für die Gründung der C3S folgende Kernziele:

  • Loslösung der Künstler von ökonomischer Fremdbestimmung
  • Freiheit und Selbstbestimmung bei der Lizenzierung eigener Werke
  • Öffnung des Musikmarkts für CC-Inhalte
  • finanzielle Anerkennung von CC-Künstlern
  • Förderung der Kultur durch vereinfachten Zugang und legale Nutzung von CC-Musik
  • Aufklärung hinsichtlich Zweck, Nutzung und Verwendung von CC-Inhalten

Links und Material

Bevor die C3S in Kürze mit einer eigenen Site präsent ist, eignet sich als erste Anlaufstelle die aktuelle Domain “cc-vg.de”. Dort kann sich jeder Interessent in eine Mailing-Liste eintragen. Konkrete Anfragen darüber hinaus können über das ebenfalls dort verlinkte Kontaktformular der Site des Open Music Contest e.V. an die C3S gerichtet werden (oder auch direkt an Michael Weller, Meik Michalke oder mich.

Aktuelle Events und Beiträge könnt Ihr hier verfolgen:

Des weiteren findet Ihr unter folgendem Link das Konzept der C3S, wie es zur all2gethernow [access protected, 2016-03-10] vorgestellt wurde. In Kürze werde ich zum Thema C3S weitere Artikel posten, darunter auch eine Erläuterung zum Konzept.

Nicht offizieller Teil der C3S, aber sehr hilfreich ist der Blog von Fabian zum Themenkomplex Creative Commons und GEMA.

Obwohl nicht Teil der Creative Commons als Organisation, wird die C3S als sich etablierendes Thema sicher auch Erwähnungen auf den folgenden einschlägigen und höchst empfehlenswerten Blogs finden:

Also: Im Auge behalten.

Nächste Schritte

Wie bereits im September während der a2n angesprochen, liegt der Schwerpunkt der C3S auf der Berücksichtigung des Feedbacks aller potenziell involvierten Seiten – Songwriter, Musiker, Lizenznehmer, Distributoren, Verleger, (Net)Labels, Technologie-Provider, Juristen u.a. Unser Ziel ist, das Wissen und die Wünsche derjenigen einfließen zu lassen, die die Verwertungsgesellschaft später nutzen werden. Konzeptuelle Schwächen müssen so früh wie möglich vermieden werden.

Um dem breiten Interesse Rechnung zu tragen, ist im nächsten Jahr ein Symposium geplant, das sich in mehreren kleinen Arbeitsgruppen der Erarbeitung von Lösungen widmen wird. Jede Arbeitsgruppe konzentriert sich auf ein spezifisches Thema bzw. einen strukturellen Ausschnitt der C3S. Ziel ist ein kohärentes Konzept, das die Grundlage des Zulassungsantrags beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) als zuständige Behörde bildet.


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